Weitere Stolpersteine
Initiative Stolpersteine Bergen-Enkheim
Frankfurt am Main
Martin Hirsch (1915 – 1941)
Martin Hirsch wurde am 10.06.1915 in Bergen, heute
Stadtteil von Frankfurt am Main, als Sohn von Julius und
Selma Hirsch, geb. Hirsch, geboren. Martin lebte mit Eltern
und zwei Geschwistern (*1906 und *1908) bis 1935 in der
Marktstraße 51. 1935 meldete er sich zusammen mit
Schwester Helene (*30.03.1906) von Bergen nach Frankfurt
ab. Seine letzte Frankfurter Adresse war Bornwiesenweg 43.
Die beiden Geschwister lebten nach dem Zweiten Weltkrieg
in Frankreich bzw. Palästina/Israel.
Zu Martins Verwandten zählen Wilhelm Hirsch (*20.11.1890
in Bergen; ermordet 1.10.1944 in Auschwitz), Johanna
Hirsch (*20.4.1887 in Bergen; ermordet 21.5.1944 in
Auschwitz) und Cousin Ludwig Hirsch (*29.4.1915 in
Bergen).
Martin Hirsch besuchte ab 1921 die Volksschule in Bergen,
anschließend das Philanthropin in Frankfurt. Nach dem
Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum
Auslandskorrespondenten. In dieser Funktion arbeitete
Martin Hirsch bei der Firma „S. W. Brody“ in Offenbach.
Vor seiner Emigration nahm Martin Hirsch an einer
landwirtschaftlichen Ausbildung (Hachschara) im Landwerk
Ahrensdorf teil. Als Hachaschra wurde die systematische
Vorbereitung von Juden auf die Alijah, die Besiedlung von
Palästina, bezeichnet. In Ahrensdorf, einem Ort südlich von
Berlin, wird Martin Hirsch bei der Minderheiten-
Volkszählung von 17.05.1939 erwähnt.
Bei dem Kladovo-Transport, einem illegalen
Flüchtlingstransport, der vom Dachverband zionistischer
Jugendorganisationen, Hechaluz, in Österreich, organisiert
wurde und am 24./25.11.1939 von Wien aus mit 822
Flüchtlingen nach Bratislava startete, begleitete Martin
Hirsch als einer der Leiter der Sonderhachschara 5 die
Ahrensdorfer Gruppe. In Bratislava kamen weitere 130 aus
Berlin, 50 aus Danzig, 100 aus Prag hinzu. Die Flüchtlinge
wollten über die Donauroute und das Schwarze Meer nach
Palästina. Da aber die Donau 1939 schon früh zugefroren
war, mussten sie im jugoslawischen Hafen von Kladovo
überwintern.
1940 warteten die Flüchtlinge vergeblich auf ein
Hochseeschiff für die Weiterfahrt. Sie mussten in den Hafen
von Šabac an der Save übersiedeln, wo sie 1941 von den
Nationalsozialisten eingeholt wurden. Nur rund 200
Jugendliche sowie wenige Erwachsene konnten gerettet
werden oder aus eigener Kraft flüchten.
2100 Männer des Transportes wurden am 12./13.
Oktober 1941 auf Befehl von General der Infanterie Franz
Böhme von Einheiten der Wehrmacht als Vergeltung für 21
tote deutsche Soldaten in Zasavica erschossen. Unter den
Ermordeten war nach Angaben in der Entschädigungsakte
auch Martin Hirsch. Einer anderen Quelle nach (Anneliese
Ora Borinski, Erinnerungen 1940-1943, Maayan Zwi, 1970)
schloss sich Martin Hirsch in Jugoslawien den Partisanen an
und kam dabei ums Leben.
Die Frauen des Transports wurden Anfang Januar 1942 in
das KZ Sajmište überstellt und unter Herbert Andorfer in
einem Gaswagen ermordet. Vom 19.3. bis 10.5.1942 fuhr
täglich ein Gaswagen mit 50 – 80 Opfern zur Erstickung mit
CO-Gas.
Martin Hirschs Name war ursprünglich nicht auf dem
Namenfries der Gedenkstätte in Frankfurt am Main
aufgeführt, wurde aber im Januar 2010 an der südlichen
Außenmauer des alten Jüdischen Friedhofs hinzugefügt.
> zu Nr. 8: Marktstraße 51- Familie Hirsch
> Zurück zum Rundgang
Die Männer in Zasavica auf dem Weg zur Massenerschießung 1941
Quellen:
Anneliese Ora Borinski, Erinnerungen 1940-1943, Maayan Zwi, 1970
Urs Faes, Sommer in Brandenburg, Suhrkamp, 2015
http://www.hachschara-ahrensdorf.de/html/body_arbeiten.html
Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de884999
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de885399
https://collections.arolsen-archives.org/en/document/71076344
https://collections.arolsen-archives.org/en/search/topic/1-1-15-
1_8098505?s=Zasovica
Naftali-Rosenthal-Ron, Aufblitzende Erinnerungen, Autobiografie; deutsche
Übersetzung von Alice Meroz, Berlin 2015
Veröffentlicht von Franz-Josef Wittstamm20/03/2023. Veröffentlicht in Andere
Orte Schlagwörter: Ahrensdorf, Frankfurt, Hirsch, Kladovo, Martin
Nächste Stolpersteinverlegung in Planung
Zu den bereits verlegten Stolpersteinen
für Frieda, Jettchen, Joachim und
Wilhelm Hirsch ist in der Marktstraße
51 eine weitere Stolpersteinverlegung
für ´Martin Hirsch geplant.
Marktstraße 51